Otto Grünmandls Zimmertheater
Otto Grünmandl war eine der wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten aus Tirol, der mit seinen Arbeiten für Film, Rundfunk und Theater, aber auch mit seinen absurd-komischen Kabarettprogrammen internationale Bekanntheit erlangte.
Sein Lebensmittelpunkt lag bis zuletzt in Hall, wo er 1924 zur Welt kam und im Jahr 2000 verstarb.
Dass Grünmandl bis heute zu den bekanntesten Künstlern Tirols gehört, ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass das Andenken an ihn wachgehalten wird: 2010 hat das Kulturlabor Stromboli das Kleinkunst und Satireprojekt „Otto Grünmandls Zimmertheater“ ins Leben gerufen, seit 2012 hütet und erforscht das Forschungsinstitut Brenner-Archiv Grünmandls umfangreichen Nachlass, während das Land Tirol seit 2010 im Zwei-Jahres-Rhythmus einem nach ihm benannten Literaturpreis vergibt.

„Manche Leute halten mich für ein Original, andere für einen Humoristen. Ich habe nicht vor, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, denn solange ich meinen Lebenslauf habe, lässt sich über das, was ich bin oder nicht bin, ohnehin nichts Abschließendes sagen. Darum muss auch dieser Lebenslauf ein Torso bleiben.“
Otto Grünmandl
Aus „Meinungsforschung im Gebirge“ (Europa Verlag Wien, 1973)
Kleinkunststücke und Gedankenspiele
Ebenfalls seit 2010 veranstaltet das Kulturlabor Stromboli, das nur einen Steinwurf von Grünmandls Wohnhaus in der Krippgasse entfernt liegt, den Literatur- und Kleinkunstschwerpunkt „Otto Grünmandls Zimmertheater“. Dieses setzt sich auf lebendige Art und Weise mit Grünmandls künstlerischem und geistigem Erbe auseinander. Inspiriert von seinem „tiefen Sinn für den höheren Unsinn“ (Peter Bau, Der Standard), seiner Liebe zum Paradoxen und der Schärfe und Präzision seiner Sprache verfolgt die Reihe Grünmandls humoristischen Weg, dem eine tiefe Ernsthaftigkeit zugrunde liegt.
Die erste Auflage dieser Reminiszenz an den eigenwilligen Autor, Schauspieler und Kabarettisten fand anlässlich von Grünmandls zehntem Todestag statt und zielte unter anderem darauf ab, „Kleinkunststücke“ in seiner Heimat- und Lebensstadt Hall sichtbar zu machen. So wurden damals ausgewählte Grünmandl-Zitate in Form von Plakaten und Plots im öffentlichen Raum ausgestellt – die Gedankenspiele wurden unter anderem in Schaufenster von Geschäftslokalen, bei Parkbänken oder auf Hausmauern angebracht, wodurch sich die Innenstadt in ein lebendiges Grünmandl-Museum verwandelte.
Namhafte Künstler:innen und Weggefährt:innen
Was als einmaliges Projekt konzipiert war, sollte sich zu einem Fixpunkt im Stromboli-Herbst entwickeln. Von Anbeginn des vulkanischen Zimmertheaters bereicherten dabei namhafte Künstler:innen und Weggefährt:innen von Otto Grünmandl das breit gefächerte Programm.
Mit dabei waren unter anderem die bayerischen Kult-Kombos „Biermösl-Blosn“ und die „Wellküren“, die Kabarett-Legenden Gerhard Polt und Lukas Resetarits oder die Schauspielerinnen Bettina Redlich, Julia Gschnitzer und Katharina Brenner.
Aber auch Künstler:innen, die Otto gefallen hätten, fanden Eingang ins Zimmertheater: Auf Grünmandls Spuren wandelten dabei die singende Kabarett-Erscheinung „Der blonde Engel“, die schweizerisch-deutschen Musikkabarettist:innen „Geschwister Pfister“, die wundervolle Entertainerin Irmgard Knef oder das Kult-Duo Stermann & Grissemann.
Ganz tief in die Grünmandl’sche Gedankenwelt tauchte im Jahr 2016 dann Kabarettist Andreas Vitásek ein, der in seinem Programm „Grünmandl“ der Absurditäten-Spirale des Haller Ausnahmekünstlers nachspürte und dabei auch über das Verschwinden eines Komikers sinnierte.
Die Vorpremiere dieser Otto-Verneigung fand im Stromboli statt, ehe das Programm vom Wiener Rabenhof aus die österreichischen Kabarett-Bühnen eroberte.
Grünmandl-Ausstellung zum 20. Todestag
Anlässlich der zehnten Auflage des Zimmertheaters und des 20. Todestags von Otto Grünmandl wurde im November 2019 in Kooperation mit dem Stadtmuseum Hall und dem Forschungsinstitut Brenner Archiv die Ausstellung „GRÜNMANDL: Geschichte. Gedanken. Bilder“ eröffnet.
Den thematischen Schwerpunkt bildete dabei der jüdische Hintergrund der Haller Kaufmannsfamilie Grünmandl, die in einen zeitgeschichtlichen Kontext mit der NS-Zeit in Tirol und insbesondere in Hall gesetzt wurde. Davon ausgehend wurden der Biographie und der künstlerischen Laufbahn von Otto Grünmandl, die eng mit seinen Erfahrungen in der NS-Zeit verwoben sind, nachgespürt. Ins Zentrum gerückt wurde darüber hinaus das vielseitige Werk eines Künstlers, der nicht nur Sinn für Unsinn hatte, sondern auch als nachdenklicher Novellist und kritischer Poet seine Spuren hinterließ. Als Materialien für die Ausstellungen dienten Briefe aus der Familienkorrespondenz, Fotos, Text- und Tondokumente, Filmmaterial und Objekte.
Maßgeblich an der Entwicklung und Programmierung der Schau war Ottos Sohn Florian Grünmandl beteiligt, der schon von Anbeginn des Zimmertheaters gemeinsam mit seiner Schwester Aglaja Spitaler-Grünmandl dem Projekt mit Rat und Tat zur Seite steht.
Musikalische und feministische Ansätze
Ein Zitat aus Grünmandls Bühnenwerk „The Mountain Singers“ aus dem Jahr 1999 wurde zum Ausgangspunkt für das 2022 umgesetzte musikalische Zimmertheater. „Sometimes a human being is a singing being“ befand Otto dereinst. Grund genug, unterschiedlich gearteten „Singing Beings“ eine Bühne zu bieten.
Zu sehen, zu erleben und zu erhören gab es dabei die Wiener Soulisten von „5/8erl in Ehr’n“ oder Thomas Ganschs „Schlagertherapie.
Auf dem Programm stand aber auch die Wiederaufnahme von „Gut gemeint: Meinungsforschung im Gebirge“. Diese Stromboli-Eigenproduktion mit Juliana Haider und Michaela Posch hatte in der Regie von Michaela Posch beim feministischen Zimmertheater „Blauweibl“ seine umjubelte Premiere gefeiert und die legendären „Alpenländischen Interviews“ mit neuer Energie verludert und verli(e)derlicht.
Die Namensidee für den feministischen Schwerpunkt, bei dem Künstlerinnen wie Thereza Hossa, Christine Teichmann, Siljarosa Schletterer und Yasmo die Stromboli-Bühne eroberten, stammt übrigens von Otto Grünmandl höchstselbst. Wurde er nämlich danach gefragt, wie sein Name buchstabiert werde, antwortete er gerne: „Schreiben Sie’s wie ,Blauweibl‘!“

Was ist ein Grünmandl?
Auch auf das junge Publikum wurde beim vulkanischen Zimmertheater nicht vergessen. So gingen schon im ersten Jahr des Grünmandl-Schwerpunktes Schüler:innen der Volksschule am Stiftsplatz, die einst auch Otto besuchte, der Frage „Was ist ein Grünmandl?“ nach.
Gemeinsam mit Graphikerin Brigitte Mumelter und Aglaja Spitaler-Grünmandl entwickelten die Kinder dabei Zeichnungen und Texte, mit den Otto seine Freude gehabt hätte. Zudem entstanden auch zwei Hörspiele, die vor kindlicher Kreativität nur so strotzten.
Unterstützt wurden die jungen Künstler:innen dabei von Christoph W. Bauer, Christian Martinek, Florian Grünmandl, Irene Prugger und Martin Sailer.
Ein weiteres Schulprojekt von Stefan Abermann geleitetes Schulprojekt spürte Ottos „Alpenländischen Erfindungen“ wie der legendären „Felsenzackschleifundzuspitzmaschine“ nach und spornte die Schüler:innen dazu an, selbst erfinderisch zu werden.
100 Jahre Otto.
Am 4. Mai 2024 hätte Otto Grünmandl seinen 100. Geburtstag gefeiert. Das will auch das Stromboli feiern: Das diesjährige Zimmertheater steht deshalb unter dem Motto „100 Jahre Otto“.
Neben einem Literaturspaziergang mit Schauspielerin Brigitte Jaufenthaler, lesen Gerti Drassl und Harald Windisch dabei – sehr szenisch – aus dem dritten Band der Grünmandl’schen Werkausgabe „Der Einmannstammtisch“.
Das Highlight des Jubiläums-Programms verspricht der hochkarätig besetzte Abend „Ich bin ein Solitär“ zu werden, der am 20. Oktober im Kurhaus Hall über die Bühne geht.
Dirigiert von Martin Sailer, dem langjährigen Leiter der Abteilung „Literatur & Hörspiel“ im ORF Landesstudio Tirol, versammeln sich dabei die kabarettistischen Kapazunder Josef Hader, Thomas Maurer, Gerhard Polt und Andreas Vitásek in einer noch nie dagewesenen Formation, um Otto zu lesen, Otto zu spielen und über Otto zu reden. Ein lebendiger Erinnerungsabend, der um Uhrenfutterale, Gebisskontrollen, Herzschrittmacher und Kunstköpfe kreisen wird und einen Haller „Solitär“ würdigt, dessen humoristische Handschrift nicht nur für dieses prominente Quartett prägend war.
Das Publikum darf sich auf ein kabarettistisches Gipfeltreffen freuen, das es so noch nie gab. Die musikalische Begleitung übernehmen Juliana Haider und Michaela Posch, die als groteske Gipfelstürmerinnen hier natürlich nicht fehlen dürfen. Danke Otto!
